Rational-Emotive und Kognitive Verhaltenstherapie
Die Rational-Emotive und Kognitive Verhaltenstherapie (RE/KVT aber auch REVT) hält, was sie schon in ihrem Namen verspricht. Sie beschäftigt sich mit:
- Rational – der Vernunft
- Emotiv – den Gefühlen
- Kognitiv – dem Denken
- sowie dem Verhalten des Menschen
So bietet sie für Therapie und Coaching ein philosophisch fundiertes Menschenbild und moderne, zielgerichtete Methodik. Im Folgenden gebe ich dem interessierten Leser grundlegende Einblicke in die Denk- und Arbeitsweise dieses verhaltenstherapeutischen Ansatzes. Selbstverständlich ist die Lektüre dieser Seite nicht Voraussetzung, um meine Coachingleistung in Anspruch zu nehmen.
Ich greife im Coaching besonders dann auf die RE/KVT zurück, wenn es darum geht, emotionale Probleme und Kommunikationsschwierigkeiten zu lösen. RE/KVT-Coaching lässt sich gut mit Existenzanalyse/Logotherapie kombinieren und auch in Form von Walk & Talk durchführen.
Ursachen und Wirkungen
Sind wir unseren negativen Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen bzw. deren Auslösern wehrlos ausgeliefert? In einem mechanistischen Selbst- und Menschenbild lautet die Antwort auf diese Frage eindeutig JA.
Wenn wir an diesem Punkt stehen blieben, bräuchten wir keinen Gedanken an Coaching und Persönlichkeitsentwicklung verschwenden. Veränderungsbemühungen würden lediglich darin bestehen, unangenehmen Einflüssen oder Herausforderungen auszuweichen.
Wir könnten dann aber auch nicht erklären, warum ein und der selbe Auslöser bei unterschiedlichen Menschen zu unterschiedlichen Consequenzen(!) führt. 2000 Jahre alte Philosophie gibt uns hier allerdings einen wertvollen Hinweis. Der antike Philosoph Epiktet erkannte:
Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern ihre Meinungen und ihre Urteile über die Dinge.
Es scheint also eine Instanz zwischen Auslöser und Consequenz zu liegen. Diese Instanz – in der RE/KVT nennen wir sie Belief – ist dafür verantwortlich, welcher Art die Gefühle, Gedanken und Handlungen sind, die im Endeffekt entstehen.
Beliefs, das sind Meinungen und Urteile, Wertmaßstäbe und Glaubenssätze, die wir verinnerlicht haben und die uns fortwährend mit „Interpretationen“ der Situationen versorgen, in denen wir uns befinden. Sie sind entweder rational (rB) oder irrational (iB).
Rationale Beliefs führen zu zielführenden Consequenzen.
Irrationale Beliefs führen zu zielschädigenden Consequenzen.
Was hier in wenigen Sätzen skizziert ist, stellt die Grundlage zu äußerst wirkungsvollen Tools in Coaching und Therapie dar. Stark verkürzt gesagt, geht es ja darum, die Rat- und Hilfesuchenden dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen. Zu diesem Zweck werden zunächst die jeweiligen irrationalen Beliefs, die ja für die Entstehung zielschädigender Consequenzen verantwortlich sind, herausgearbeitet. Diese werden dann in einem strukturierten Verfahren in rationale Beliefs umgewandelt.
Ungesunde und gesunde negative Gefühle
Die RE/KVT versucht also nicht, zielschädigende Gefühle direkt zu verändern. Indem sie mit den Beliefs arbeitet, lässt sie negative Gefühle zu und achtet darauf, dass aus zielschädigenden negativen Gefühlen, zielführende negative Gefühle werden. – Wie ist das zu verstehen?
Negative Gefühle haben sehr oft durchaus ihre Berechtigung. Es gibt Situationen, die wirklich abscheulich und ungerecht sind. Wenn diese Situationen aber nun einmal nicht so einfach aus der Welt zu schaffen sind, dann ist es falsch, die negativen Gefühle, die sie hervorrufen, einfach nicht mehr an sich heran zu lassen.
Ziel des RE/KVT-Coachings ist es, ungesunde / zielschädigende negative Gefühle wie Wut, Frustration oder lähmende Angst in gesunde / zielführende negative Gefühle wie Ärger, Enttäuschung oder Sorge umzuwandeln. Die zuerst genannten „ungesunden“ negativen Gefühle haben die Gemeinsamkeit, dass sie die Bewegungsfreiheit und Selbstbestimmtheit stark einengen. Dem gegenüber sind die „gesunden“ negativen Gefühle zwar auch unangenehm, sie lassen aber Beweglichkeit zu. Gleichzeitig liefern sie die nötige psychische Energie und Motivation, mit der vorliegenden Situation selbstbestimmt und im Rahmen der Möglichkeiten konstruktiv umzugehen.
Vom Müssen zum Wünschen
Starke Indikatoren dafür, dass man es mit zielschädigenden, irrationalen Beliefs zu tun hat, sind die Codewörter müssen und nicht dürfen. Wenn diese Wörter die Forderungen leiten, die jemand sich selbst, anderen oder der Welt gegenüber hat, dann haben wir es höchst wahrscheinlich mit einem Fall von Mussturbation zu tun.
Der Begründer der RE/KVT, der amerikanische Psychologe Albert Ellis, prägte den Begriff „musturbation“. Er erkannte, dass Muss-Forderungen und Perfektionismus im höchsten Maße irrational sind und sich damit negativ auf Fühlen, Denken und Handeln auswirken. Indem man sich nämlich auf den Standpunkt stellt, dass etwas unbedingt perfekt sein muss, nimmt man sich selbst jeglichen Spielraum. Die Weltsicht wird dann schwarz-weiß. Schon geringe Abweichungen von den Erwartungen werden als Bedrohung bzw. erhebliche Entwertung wahrgenommen.
Wenn es aber gelingt, vom Müssen zum Wünschen zu gelangen, dann hat man gewonnen. Mit einer Haltung, die geprägt ist durch „Ich wünsche mir sehr …, es ist mir wirklich wichtig …“ hält man sich einen emotionalen und gedanklichen Spielraum offen. Da ja (abgesehen vom Tod) nichts sicher ist im Leben, ist dieser Standpunkt (Belief) zum einen rational, zum anderen bietet er optimale Voraussetzungen dafür, dass man sich mit vollem Einsatz für die Erreichung der jeweiligen Ziele engagiert.