Selbstwertgefühl und Menschenbild

Als Coach und Existenzanalytiker bearbeite ich mit meinen Klienten vielfältige Anliegen und Probleme. Ob Berufscoaching, Entscheidungsfindung, Persönlichkeitsentwicklung oder Sinnfindung und Wertecoaching, das Thema Selbstwertgefühl spielt fast immer eine zentrale Rolle. – Mit diesem Artikel beginne ich eine fünfteilige Serie zum Thema Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. – Hier erfahren Sie mehr über mein Walk & Talk Coachingangebot.

Mein Verständnis von „Selbstwertgefühl“

Sei es gleich zu Beginn oder während des Coachingprozesses, oft höre ich Wünsche wie den Folgenden:

„Ich bin unzufrieden mit mir. Das liegt, glaube ich, an meinem schlechten Selbstwert(!). Bitte helfen Sie mir dabei, mein Selbstwertgefühl zu stärken.“

Ausgehend von diesem Zitat möchte ich mein Verständnis des Begriffs „Selbstwertgefühl“ darlegen. Dazu skizziere ich zunächst ein Modell, in dem der Mensch sozusagen in zwei Dimensionen existiert:

  1. Der menschliche Kern. – Allein die Tatsache, dass es sich bei jedem einzelnen Menschen um einen Menschen und damit weder um ein nicht menschliches Lebewesen noch um eine Sache oder sonst etwas handelt, bedeutet, dass da ein „menschlicher Kern“ vorhanden ist. Dieser Kern verleiht dem Menschen (zumindest in den Augen ethisch fühlender Mitmenschen und tunlichst auch in den eigenen Augen) Menschenwürde und unveräußerliche Rechte.
  2. Die menschliche Manifestation. – Der Mensch ist natürlich weit mehr als sein abstrakter, nicht-stofflicher Kern. Für sich selbst und für seine Mitmenschen ist er zunächst und je nach Wahrnehmung bzw. Menschenbild jemand, der körperlich und durch alle Spuren, die seine Existenz hinterlässt, da ist.

Selbstwert ist absolut

Gehen wir nun also einmal davon aus, dass jeder Mensch (wir selbst mit eingeschlossen), mit dem wir es zu tun haben, aus Kern und Manifestation besteht. Was hat das dann mit dem Thema dieses Artikels, dem Selbstwertgefühl, zu tun? – Die Kürze der Antwort auf diese Frage rechtfertigt die Länge der Einleitung:

 

Den Selbstwert siedle ich im Kern des Menschen an. Er ist damit absolut und unantastbar. Man könnte sagen:

„Selbstwert ist im Menschen fest eingebaut. Er kann weder gut noch schlecht, weder gesund noch krank sein.“

Das Gefühl aber, das wir dem jeweiligen Selbstwert entgegenbringen, ist weich und wandelbar. Es ist Teil der menschlichen Manifestation, zu der auch das Denken und Fühlen gehört.

Die Aussage „Ich habe einen schlechten Selbstwert.“ sollte demzufolge so lauten:

„Mein Selbstwert mag ja völlig in Ordnung sein, es gelingt mir aber überhaupt nicht, ihm positive und vertrauensvolle Gefühle entgegen zu bringen.“

Arbeit am Gefühl

An diesem Punkt können wir endlich richtig anfangen zu arbeiten.

  1. Es lohnt sich, den Gedanken einzuüben, dass der jeweilige Selbstwert absolut und nicht verhandelbar ist. Das führt zu einer Entlastung auf der einen Seite. Auf der anderen Seite üben wir uns darin, Verantwortung für unsere Gefühl zu übernehmen. Wir werden also zu Verantwortungsträgern für das eigene Leben.
  2. Es ist oft wertvoll, die jeweilige Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des SelbstwertGEFÜHLS nachzuzeichnen und zu verstehen. Irrationale Überzeugungen können entlarvt werden, Mangel und Entbehrungen kann mit stärkenden Methoden begegnet werden etc.
  3. Wir entwickeln ein neues, besseres und vor allen Dingen freundlicheres Verständnis der Beziehung, die wir zu uns selbst pflegen. (Nebenbei gesagt, ist das auch eine wertvolle Grundlage, um unsere Beziehungen zu anderen zu verstehen bzw. unsere Beziehungsfähigkeit zu entwickeln.)
  4. Wir werden gelassener im Umgang mit unseren Mitmenschen. Indem wir sie bei Bedarf als Kombination aus menschlichem Kern und menschlicher Manifestation betrachten, fällt es uns leichter Menschenwürde zuzugestehen und Respekt zu zollen, auch wenn uns gleichzeitig die jeweilige Manifestation extrem unsympathisch sein mag.

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